Was Online-Händler jetzt beachten müssen
Plattformbesteuerung in der Schweiz
Antworten auf die häufigsten Fragen von Online-Händlerinnen und -Händlern
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Ein Interview mit VAT Specialist Lara Wienbrauck über Plattformbesteuerung, Einfuhrsteuer und ein sauberes Setup
Seit dem 1. Januar 2025 gelten in der Schweiz neue Regeln zur Mehrwertsteuer (MWST). Vor allem rund um die Plattformbesteuerung bestehen nach wie vor Unsicherheiten seitens vieler Händlerinnen und Händler. Denn was für viele zunächst nach „nur einer Gesetzesänderung“ klingt, kann in der Praxis schnell zu unnötigen Steuerzahlungen, doppelter Belastung und frustrierten Schweizer Kundinnen und Kunden führen – wenn das Setup nicht sauber durchdacht ist.
Im Interview mit Lara Wienbrauck, VAT Specialist bei exporto, sprechen wir darüber, wo die typischen Fallen im Markt liegen und wie Händlerinnen und Händler diese mit einem klar strukturierten Setup von Anfang an umgehen.
Plattformbesteuerung Schweiz: Für viele weiterhin ein Unsicherheitsfaktor
Frage: Lara, wir haben inzwischen fast ein Jahr Erfahrung mit der MWST-Reform 2025 in der Schweiz. Warum sorgt das Thema aus deiner Sicht immer noch für so viel Unsicherheit im Onlinehandel?
Lara:
Weil seit dem 1. Januar 2025 mehrere Dinge gleichzeitig zusammengekommen sind: Die Plattformbesteuerung wurde eingeführt, die Anforderungen an Marktplätze wurden neu geregelt und die Abrechnungen laufen verpflichtend digital. Parallel dazu bleiben aber die klassischen Themen bestehen: die Frage einer generellen (auch freiwilligen) Steuerpflicht, Einfuhrsteuer sowie Buchhaltung und Rechnungsstellung in der Schweiz.
Viele Händlerinnen und Händler nehmen zunächst nur wahr, dass die Plattformen sich jetzt um die Mehrwertsteuer kümmern und fühlen sich nicht mehr in der Verantwortung. Aber genau an dieser Stelle wird es gefährlich: Wer sich nicht im Detail anschaut, wer welche Rolle im Prozess übernimmt, läuft schnell in Themen wie Doppelbesteuerung, falsche Rechnungsstellung oder unklare Setups zwischen Plattformverkauf und eigenem Shop hinein.
In meiner Rolle bei exporto sorge ich dafür, dass diese Strukturen für unsere Kundinnen und Kunden korrekt aufgesetzt sind. Ich analysiere die bestehenden Prozesse, ordne die Rollen von Plattform, Importeurin oder Importeur und Händlerin oder Händler steuerlich ein und setze gemeinsam mit unserem Team die notwendigen Anpassungen in Zoll-, Steuer- und Abrechnungsprozessen um. So sorgen wir für unsere Kundinnen und Kunden für ein strukturiertes und rechtssicheres Setup, damit solche Fehler gar nicht erst entstehen.
Was sich seit 2025 mit der Plattformbesteuerung geändert hat
Frage: Lass uns einmal sauber sortieren: Was genau bedeutet die Plattformbesteuerung seit 2025 für den cross-border E-Commerce in die Schweiz?
Lara:
Vereinfacht gesagt: Für Verkäufe von Händlerinnen und Händlern über Plattformen und Marktplätze sind seit Anfang 2025 die Plattformen selbst für die Abführung der Schweizer MWST an die Steuerbehörde verantwortlich. Sie müssen die Steuer auf diese Verkäufe berechnen, gegenüber der Eidgenössischen Steuerverwaltung deklarieren und abführen.
Für Händlerinnen und Händler bedeutet das in der Praxis: Bei Verkäufen über betroffene Plattformen übernimmt die Plattform grundsätzlich die Schweizer Mehrwertsteuer und die Händlerinnen und Händler erhalten in der Regel nur noch den Nettoerlös von der Plattform ausgezahlt. Gleichzeitig bleiben aber wichtige Fragen bestehen – etwa, wer als Importeurin oder Importeur auftritt und wie die Einfuhrsteuer behandelt wird, wie Plattformumsätze buchhalterisch erfasst werden, wie die Rechnungsstellung aussieht und welche Verantwortung im Rahmen der subsidiären Haftung bleibt, falls eine Plattform ihren Pflichten nicht nachkommt.
Die Steuerpflicht verlagert sich damit zwar teilweise, entfällt aber nicht. Ohne ein klares Verständnis der jeweiligen Rollen und Steuerfolgen besteht das Risiko, dass Steuern entrichtet werden, die rechtlich nicht geschuldet sind – zum Beispiel, wenn Händlerinnen und Händler Umsätze zusätzlich versteuern oder durch die Rechnungsstellung eine zusätzliche eigene Steuerschuld auslösen, obwohl die Plattform gegenüber der Steuerbehörde bereits als Steuerschuldnerin auftritt.
Typischer Fehler Nr. 1: Steuer wird doppelt gezahlt
Frage: Du sprichst von Doppelbesteuerung im Markt. Wie entstehen solche Konstellationen typischerweise?
Lara:
Ein häufiges Muster sind Händlerinnen und Händler, die ihr Schweizer Setup nach der Einführung der Plattformbesteuerung nicht angepasst haben. In Gesprächen mit Marktteilnehmenden zeigt sich oft ein ähnliches Bild: Die Plattform führt die Schweizer MWST auf die betreffenden Verkäufe korrekt ab, gleichzeitig werden dieselben Umsätze zusätzlich so behandelt, als wären sie beim Händler weiterhin „normal“ steuerpflichtig – und werden somit doppelt versteuert.
Im Ergebnis werden Steuern entrichtet, die rechtlich gar nicht geschuldet sind. Gerade bei hohen Plattformumsätzen kann das zu erheblichen, vollständig vermeidbaren Belastungen führen.
Es liegt bei den Händlerinnen und Händlern selbst, ihr Setup so zu gestalten, dass keine unnötigen Belastungen entstehen. Genau hier setzen wir bei exporto an: Wir analysieren die bestehenden Strukturen, grenzen sauber ab, wo tatsächlich Steuerpflicht besteht, und gestalten Setups so, dass unnötige Zahlungen künftig ausgeschlossen werden.
Typischer Fehler Nr. 2: Falsche Rechnungsstellung bei Plattformverkäufen
Frage: Ein zweiter Punkt, den du angesprochen hast, ist die Rechnungsstellung. Wo liegen hier die Risiken für Händlerinnen und Händler, die über Plattformen in die Schweiz verkaufen?
Lara:
Ja, richtig. Ein weiterer typischer Fehler, der bei Plattformverkäufen gemacht wird, betrifft die Rechnungsstellung an Schweizer Kundinnen und Kunden.
Häufig liegt die Rechnungsstellung nämlich weiterhin bei der Händlerin oder dem Händler, obwohl die Steuerpflicht für den entsprechenden Verkauf bei der Plattform liegt. An dieser Stelle stellt sich zunächst die Frage, ob auf dieser Rechnung überhaupt die Mehrwertsteuer ausgewiesen werden muss, wenn die Händlerin oder der Händler die Steuer gar nicht schuldet.
Die Regelung ist jedoch ganz klar: Wenn Händlerinnen und Händler für Plattformverkäufe offen eine Mehrwertsteuer auf ihren Rechnungen ausweisen, dann muss die Rechnung zwingend einen klaren Hinweis auf die Anwendung der Plattformbesteuerung enthalten.
Fehlt dieser Hinweis, schulden Händlerinnen und Händler in der Regel auch die ausgewiesene Steuer – und das, obwohl die Plattform die MWST bereits korrekt abgeführt hat. In solchen Konstellationen kann es dazu kommen, dass zusätzlich zu der von der Plattform abgeführten Steuer nochmals eine Steuerschuld aus der Rechnung entsteht; faktisch also eine vermeidbare Doppelbesteuerung und zusätzliche Belastung für Händlerinnen und Händler.
Um solche Situationen zu vermeiden, ist eine sauber gestaltete Rechnungslegung entscheidend. In der Praxis bedeutet das, klar zu definieren, wer die Rechnung stellt, welche Angaben sie enthält, ob und wie Steuer ausgewiesen wird und welche zusätzlichen Hinweise, etwa zur Anwendung der Plattformbesteuerung, auf der Rechnung enthalten sein müssen.
Plattform oder eigener Shop? Es muss kein Entweder-oder sein
Frage: Eine Frage, die wir immer häufiger hören ist: „Wenn die Plattform vieles übernimmt – lohnt sich der eigene Shop für die Schweiz überhaupt noch?“ Wie schätzt du das ein?
Lara:
Aus meiner Sicht greift diese Frage zu kurz. In vielen Fällen ist ein Mischmodell aus Plattformverkäufen und eigenem Onlineshop sinnvoll. Plattformen bieten Reichweite und Sichtbarkeit und erleichtern den Markteintritt. Der eigene Shop ermöglicht Markenaufbau, bessere Margen und eine direkte Beziehung zu den Kundinnen und Kunden.
Die Reform der Schweizer Mehrwertsteuer im Jahr 2025 ändert daran grundsätzlich nichts. Was sich verändert hat, ist der Anspruch an ein klar definiertes steuerliches Setup. Dazu gehört insbesondere,
- Plattformumsätze und Umsätze aus dem eigenen Shop buchhalterisch sauber zu trennen,
- eindeutig festzulegen, wer Importeurin oder Importeur in den jeweiligen Konstellationen ist und Einfuhrsteuern schuldet und
- zu wissen, welche Umsätze in der Schweiz steuerbar, steuerpflichtig oder ohne MWST sind.
Wenn diese Grundlagen geklärt sind, können Händlerinnen und Händler beide Vertriebskanäle parallel nutzen und den Schweizer Markt effizient bearbeiten. Ich bin bei exporto genau dafür zuständig, gemeinsam mit Händlerinnen und Händlern solche Setups so zu strukturieren, dass Plattform- und Shopgeschäft steuerlich korrekt abgebildet sind.
Konkrete nächste Schritte für Händlerinnen und Händler
Frage: Wenn Händlerinnen und Händler nach diesem Gespräch den Eindruck haben, dass sie ihr Schweizer Setup überprüfen sollten – wie können sie konkret vorgehen?
Lara:
Ein sinnvoller Einstieg besteht aus drei Schritten.
Im ersten Schritt lohnt es sich, das bestehende Setup intern aufzunehmen: Welche Plattformen und welcher eigene Onlineshop werden für Verkäufe in die Schweiz genutzt? Wer ist in welchen Konstellationen Importeurin oder Importeur? Und wie werden Plattformumsätze und Shopumsätze aktuell in der Buchhaltung erfasst?
Im zweiten Schritt sollten die verschiedenen steuerlichen Konsequenzen unterschieden und die Rechnungsstellung sauber vorgenommen werden. Hier geht es darum, sich anzuschauen, wie Buchführung und Rechnungen an Schweizer Kundinnen und Kunden konkret aussehen, an welchen Stellen Einfuhrsteuer anfällt und wie diese im Rahmen der Schweizer MWST-Erklärung berücksichtigt werden kann.
Der dritte Schritt ist, fachliche und technische Begleitung einzubeziehen, wenn sich zeigt, dass Rollen, Steuerfolgen oder Prozesse nicht vollständig klar sind. Bei exporto begleite ich Händlerinnen und Händler genau an dieser Stelle: Wir schauen uns das bestehende Setup gemeinsam an, identifizieren Risiken und Optimierungspotenziale und entwickeln ein End-to-End-Konzept, das Zoll, Logistik, Einfuhrsteuer, Vorsteuerabzug und Fiskalvertretung in der Schweiz zusammenführt – mit einem zentralen Ansprechpartner und klaren, gelebten Prozessen. Wir bei exporto verbinden dabei die fachliche Perspektive mit den technischen Möglichkeiten und sorgen dafür, dass das Setup nicht nur heute funktioniert, sondern auch mit dem Wachstum im Schweizer Markt Schritt hält und zukünftige Gesetzesänderungen unkompliziert in die bestehenden Prozesse integriert werden können.
Wer diesen Weg geht, reduziert nicht nur das Risiko von Doppelbesteuerung und formalen Fehlern, sondern schafft auch eine solide Grundlage, um das Potenzial des Schweizer Marktes nachhaltig zu nutzen.
Haben Sie weitere Fragen zur Plattformbesteuerung oder zur MWST in der Schweiz?
Unsere Vat Specialist Lara Wienbrauck steht Ihnen für Ihre Fragen gerne zur Verfügung.
Über Lara Wienbrauck

Über die Autorin
Katharina Knoop
Katharina Knoop verantwortet und koordiniert als Senior Marketing Managerin für die exporto GmbH seit über 4 Jahren die Planung, Produktion und Publikation des Contents rund um alle Themen des Cross-Border E-Commerce.
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